Die nunmehr auch offiziell vom Bundesverkehrsministerium eingestandene Kostensteigerung der geplanten Autobahn A 39 auf zunächst 1,1 Milliarden Euro macht nach Einschätzung des Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) die Finanzierbarkeit der A 39 noch unwahrscheinlicher.
Die Kosten waren im Jahre 2003 noch auf geschönte 440 Millionen Euro taxiert worden, bis 2008 zumindest Kostenerwartungen in Höhe von 620 Millionen Euro eingestanden wurden. Auf Anfragen von A-39-Gegnern hatten Vertreter der Niedersächsischen Straßenbau-behörde lange Zeit behauptet, in dieser Summe seien die zu erwartenden Baukosten-Steigerungen schon enthalten. Diese schon längst unhaltbare Position, so LBU-Sprecher Günter Schäfers, habe das Bundesverkehrsministerium nunmehr korrigieren deutlich müssen. Vertreter der Bürgerinitiativen gegen die A 39 hätten mit Hinweis auf die tatsächlichen Kostensteigerungen bei der parallel geplanten A 14 seit längerem eine Bausumme von 1,1 Milliarden und darüber als realistisch publiziert.
Der LBU verwies darauf, dass es für keinen Abschnitt der A 39 überhaupt irgendeine Finanzierungszusage bis 2015 gebe. Dies sei auch unmöglich, weil der Verkehrshaushalt allenfalls für den massiven Reparaturbedarf bestehender Verkehrswege und die Fertigstellung bereits begonnener Verkehrsprojekte ausreiche. Für die Vielzahl im Bundesverkehrswegeplan angemeldeter neuer Projekte sei da kein Platz, schon gar nicht für die A 39 mit ihrem miserablen Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV). Schäfers erinnerte daran, dass die Behörden nur nach langem Drängen der A-39-Gegner überhaupt ein solches NKV veröffentlicht hatten, das schon damals mit 2,78 weit unter der üblichen Mindestgrenze von 4,0 gelegen habe. Die Bürgerinitiativen hatten damals sogar ein NKV von 1.87 errechnet. Durch die jetzt absehbare Verdoppelung der Kosten sinke dieses NKV nunmehr in die Nähe der absoluten volkswirtschaftlichen Unrentabilität.
Der LBU bewertete die Bekanntgabe der hohen Baukosten-Schätzung als weiteren Schritt des Bundesverkehrsministeriums, die A-39-Befürworter in der Region häppchenweise an den Gedanken der Nichtfinanzierbarkeit der A 39 zu gewöhnen. Zwar werde die teure Planung pro forma weitergeführt und wohl auch zu Ende gebracht, gleichzeitig aber gebe es immer mehr Signale in Richtung der späteren Nichtrealisierung der A 39: so zum Beispiel durch den Bau der alternativen B-4-Umgehung von Kirchweyhe, durch die jüngst veranlasste Verzögerung der Planungen bei Ehra infolge einer Verlegung der Abfahrt oder durch den Planungsbeginn beim besonders heiklen und klageträchtigen Nord-Abschnitt
Der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) sieht sich in dieser Einschätzung der Perspektivlosigkeit der A-39-Planung erneut bestätigt durch eine verkehrspolitische Analyse in der aktuellen Ausgabe der „Wirtschaftswoche“ unter dem Titel „Die Grenzen der Asphalt-Manie“. Die von den A-39-Gegnern seit langem konstatierte Unsinnigkeit und Nichtfinanzierbarkeit auch dieses Wahlkampf- und Prestigeprojekts werde darin sehr deutlich untermauert, ebenso die Forderung nach einem bedarfsgerechten Ausbau bestehender Verkehrswege.
Im Artikel der „Wirtschaftswoche“ werde festgestellt, dass vom Investitionshaushalt des Bundesverkehrsministers angesichts des wachsenden Reparatur-Bedarfs für das „Ausbessern von Schlaglochpisten, alten Weichen und der Sanierung bröckelnder Brücken“ und der Fertigstellung laufender Projekte kaum Geld für neue Verkehrsprojekte übrig bleibe. Die fehlenden 8,4 Milliarden machten deren Realisierung „vollends utopisch“, und selbst dieses Defizit werde angesichts kostentreibender Lärmschutz- und Umweltauflagen und massiv steigender Baupreise von jährlich 4% weiter anwachsen.
Bisher sei es eine „schlechte Gewohnheit“ gewesen, viel Geld auszugeben für unnötige regionale und lokale Prestigeprojekte. Ausdrücklich nennt der Artikel hier den „fragwürdigen weiteren Ausbau der A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin“ für derzeit geplante 1,3 Milliarden Euro. Schuld an der Misere sei ein „administratives Monstrum namens Bundesverkehrswegeplan“, der wie ein „Basar“ mittels „Kuhhandel“ mit einer Vielzahl von „Lieblingsprojekten aus den Ländern und Wahlkreisen angereichert“ werde. Die Wirtschaftswoche erwartet deshalb nach 2015 die Reduzierung des neuen Bundesverkehrswegeplans auf ein „realistisches Maß“ und die Schaffung von Prioritäten nach echten Nutzen-Kosten-Analysen anstelle von festen Länderquoten am „Investitionskuchen“.
Laut Professor Stölzle (Universität St. Gallen) fehlt es dem deutschen Verkehrsnetz absolut nicht am Neubau von Hunderten Kilometern Autobahn, sondern vielmehr an der effektiven Entschärfung kurzstreckiger Engpässe an bestehenden Autobahnen, an einer intelligenten Steuerung der Verkehre und – nach dem Vorbild der Schweiz – an einer systematischen Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene vermittels einer drastisch erhöhten Maut.
Günter Schäfers, Sprecher der LBU-Regionalgruppe Ostheide, forderte Bund und Land abermals auf, die perspektivlose und teure Planung der A 39 zu beenden, auch dieses Projekt aus dem Bundesverkehrswegeplan zu streichen und damit den Weg frei zu machen für die Realisierung wirklich zukunftsfähiger und regionsdienlicher Verkehrsprojekte. Quelle: Pressemitteilung LBU Ostheide