Freitag, 10. August 2012

Noch eine Autobahn?

Stufe 1 ist gezündet. Wohl wissend, welchen politischen Sprengstoff die Ankündigung aus dem Niedersächsischen Verkehrsministerium hat, wählte dessen Sprecher Christian Budde am Donnerstag gegenüber der AZ seine Worte.
In der Tat: Mit der in dieser Woche ins Internet gestellten „vorläufigen Liste der in Niedersachsen maßgeblichen Projekte zur Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2015 bis 2030“ hat die CDU/FDP-Landesregierung – gerade für den nordöstlichen Bereich Niedersachsens – eine hochbrisante Debatte angestoßen.

Denn: Die laufende Nummer 36 der angesprochenen Liste enthält eine östliche Weiterführung der bisher am Walsroder Dreieck in die A 7 mündende A 27 in Richtung Landkreis Uelzen und weiter nach Sachsen-Anhalt in die Altmark. Konkret: In Hannover gibt es laut Budde „Ideenskizzen“, wie die zwischen Hannover und Braunschweig komplett überlastete A 2 mittelfristig entlastet werden könne. Und, zweiter Aspekt der Überlegungen in der Landesregierung: „Es geht auch darum, wie wir in einem Logistikland wie Niedersachsen den Wirtschaftsraum Lüneburg-Celle-Uelzen besser erschließen können. Und da sind leistungsstarke Verkehrstrassen ein ganz harter Standortfaktor.“

Budde weiter: „Eine Fortführung der A 27 würde im Bereich der Landkreise Uelzen und Gifhorn auf den Lückenschluss der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg treffen, könnte dann verknüpft werden mit den Bundesstraßen B 191 und B 190 und anschließend auf die A 14 treffen, die derzeit zwischen Magdeburg und Schwerin vorangetrieben wird.“

Dass die „neue“ A 27 nicht morgen ausgerollt werde, sei den Verantwortlichen in Hannover natürlich klar. Aber: „Wir müssen diese in die Zukunft gerichteten Projekte jetzt diskutieren, um gegebenenfalls später unsere Pläne parat zu haben.“ Das heißt: „Stufe 2 wird im September und Oktober diesen Jahres Regionalkonferenzen in Lüneburg, Braunschweig, Oldenburg und Hannover beinhalten. Dort sollen die Träger öffentlicher Belange fachlich eingebunden werden. Auf Basis der Regionalkonferenzen wird dann bis Anfang Dezember 2012 eine fortgeschriebene Projektliste erarbeitet.“ Ehe im Sommer 2013 die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr die Projekte zum Bundesverkehrsministerium nach Berlin meldet, haben im Frühsommer des kommenden Jahres die niedersächsischen Parlamentarier im Landtag das Wort.

Bereits gestern hat sich der ADAC mit seinen Landesverbänden Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in die Diskussion eingeschaltet. „Es ist dringend erforderlich, Entlastungsstrecken für die A 2 zu suchen“, teilte der Automobilclub mit. Vorrangiges Ziel müsse es zunächst sein, die begonnene A 39 ab Wolfsburg zügig Richting Norden nach Lüneburg zu Ende zu führen. Zur Vermeidung eines Verkehrsinfarktes in der Zukunft sei es nach Einschätzung des ADAC genau richtig, jederzeit über Planungsalternativen und Parallelstreckenführungen nachzudenken. Quelle: Allgemeine Zeitung


Kommentar der Redaktion:
Kommentar von "Gast" auf der Website der Allgemeinen Zeitung: Statt sich darüber Gedanken darüber zu machen, wie eine vernünftige Verkehrspolitik in Zeiten sinkender Bevölkerung und steigender Energiepreise aussehen kann, fällt den Politkern nichts anders ein, als nach immer neuen Autobahnen zu rufen. Dabei gibt es den alten Zusammenhang von Wachstum und Autobahn bereits seit den 80er Jahren nicht mehr, wie Studien zuletzt von der Uni Erfurt belegen. Wir brauchen kluge Leute, die sinnvoll mit Steuergeldern umgehen und nicht Ideologen, die ach so gerne Bänder an neuen Straßen durchschneiden! PS: Was verspricht sich die AZ vom fast täglichen Trommeln pro Autobahn? Mehr Leser, mehr Anzeigen? So viel Einseitigkeit fällt auf

Parallelpläne sind absurd

Aus Sicht des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) e.V., der sich Umweltschutz auf die Fahnen geschrieben hat, ist der Bau einer neuen Autobahn, die parallel zur A 2 verläuft, absurd.

Das niedersächsische Verkehrsministerium hatte am Mittwoch angekündigt, Planungen für den Bau einer derartigen Parallelstrecke zur A 2 vorantreiben zu wollen. Der VCD-Landesvorsitzende Michael Frömming sagte am Donnerstag in Hannover, derartige Überlegungen markierten das Desinteresse an einer zukunftsfähigen Verkehrs- und Wirtschaftspolitik.

Geschenk für die Lkw-Lobby?

Die Autobahn soll laut Verkehrsministerium eine Alternative zur chronisch überlasteten Ost-West-Autobahn werden. Frömming fragte, wer diese Autobahn denn bezahlen solle, es sei sinnvoller durch Erhöhung der Lkw-Maut den Schwerlastverkehr zu reduzieren. "Die Zeit für Geschenke vor allem an die Lobby der Lkw-Speditionen ist mit Blick auf knappe Kassen doch längst vorbei", so der VCD-Landesvorsitzende.

Umsetzung noch unklar

Die Autobahn könnte als Verlängerung der A 39 von Salzgitter über Holzminden in Richtung der A 44 nach Nordrhein-Westfalen (NRW) verlaufen. Die Strecke gehört zu den niedersächsischen Projekten für den neuen Bundesverkehrswegeplan, der 2015 vorgelegt werden soll. Ob das Projekt dann tatsächlich umgesetzt wird, ist noch nicht klar. Niedersachsen will die Liste mit 211 Einzelprojekten im Sommer 2013 nach Berlin melden, zuvor wird sie im Herbst noch auf Regionalkonferenzen beraten.

Weitere Projekte auf der Liste

Ebenfalls zur Entlastung der A 2 wird unter anderem ein Weiterbau der A 27 von Bremen über Walsrode hinaus Richtung Osten, ein Ausbau der Bundesstraße 188 von Wolfsburg in Richtung Berlin sowie der B 65 von Hannover Richtung Minden und Osnabrück angeregt. Weitere Wünsche des Landes sind die Küstenautobahn A 20, die Verbindung von Lüneburg nach Wolfsburg und der durchgehend sechsspurige Ausbau der A 7 von Hamburg Richtung Göttingen.

Verkehr stark zugenommen

Die in den 1930er-Jahren gebaute A 2 ist 486 Kilometer lang und gehört zu Deutschlands meistbefahrenen Autobahnen. Sie führt von Oberhausen (NRW) über Westfalen und Niedersachsen nach Magdeburg (Sachsen-Anhalt) und Berlin. Durch die deutsche Wiedervereinigung hat der Verkehr auf der A 2 enorm zugenommen. An Spitzentagen sind über 100.000 Fahrzeuge in Ballungsräumen unterwegs, knapp ein Viertel davon sind Lastwagen. Quelle: NDR

Donnerstag, 2. August 2012

Bundestag: Frage & Antwort

Die Lärmschutzmaßnahmen an der Autobahn 39 werden auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie der Verkehrslärmschutzverordnung so geplant, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden.

Daher werde es im Bereich Lüneburg einen Tunnel von 399 Meter Länge mit anschließenden Lärmschutzwällen geben, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Hier die Antwort der Bundesregierung

Als Kleine Anfrage bezeichnet man eine auf wenige Punkte begrenzte Fragestellung eines Parlamentariers an die Exekutive, beispielsweise eines Abgeordneten an die Regierung. Sie ist ein Instrument der parlamentarischen Kontrolle.

Quelle: Deutscher Bundestag

LBU kritisiert Wahlkampf

Der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) hat CDU und SPD aufgefordert, ihren Wahlkampf nicht weiter mit unseriösen Versprechen zum Bau der Autobahnen A 20 (Glückstadt – Westerstede) und A 39 (Lüneburg – Wolfsburg) zu bestreiten.
Angesichts der Unsinnigkeit beider Autobahn-Projekte, des propagierten Vorrangs dringender Autobahn-Reparaturen und der fehlenden Haushaltsmittel werde eine solche Wahlpropaganda immer unglaubwürdiger. Nach Einschätzung von LBU-Regionalsprecher Günter Schäfers wollten beide Parteien mit ihren „Wahlkampfautobahnen“ nur verschleiern, dass ihnen wirkliche realistische Konzepte einer zukunftsweisenden Verkehrs- und Regionalpolitik fehlten: „Wenn einem sonst nicht einfällt, redet man weiterhin von Autobahnen als Heilsbringern.“
Während eigentlich jedermann klar sei, dass der neue Bundesverkehrswegeplan ab 2015 deutlich restriktiver sein werde und kaum neue Autobahnen enthalten werde, versprächen CDU und SPD den niedersächsischen Wählern sogar zwei neue Autobahnen auf einmal. Die Unglaubwürdig dieser Propaganda zeige sich auch daran, dass je nach Standort des Wahlkampfauftritts entweder der Vorrang der A 20 oder der A 39 versprochen werde.

Den Gipfel schieße der SPD-Vertreter Stefan Schostok ab, wenn er am 12.6. in der Nordwest-Zeitung die A 20 als „zentrales Verkehrsprojekt im Norden“ bezeichne und kurz darauf in der Lüneburger Landeszeitung den vorrangigen Bau der A 39 verspreche, hinter dem die A 20 mit zehn bis 15 Jahren Verzögerung zurückstehen müsse. Wer so agiere, müsse sich über die Politikerverdrossenheit der Bürger nicht wundern.
Der LBU forderte die Parteien zu einer klaren Absage an unsinnige, unrealistische und schädliche Autobahn-Pläne auf und stattdessen zur Vorlage eines zukunftsfähigen und regionaldienlichen Konzepts für den Ausbau vorhandener und alternativer Verkehrsprojekte. Quelle: Pressemittelung LBU Niedersachsen

SPD redet sich um Kopf und Kragen

Der Dachverband der Gegner der A 39 geht davon aus, dass Schostok mit seinen Äußerungen der SPD einen Bärendienst erwiesen hat.
„Die A 39 wird auf jeden Fall gebaut, hier hat sich die SPD festgelegt“, sagte Stefan Schostok, Noch-Fraktionsvorsitzender der SPD im Niedersächsischen Landtag, jüngst gegenüber der Lüneburger Landeszeitung.
„Herr Schostok schadet Niedersachsen und der SPD. Er verärgert diejenigen, die sich für eine nachhaltige Mobilität und gegen den Bau A 39 stark machen, weil er die Landes-SPD weiter zur beratungsresistenten Beton-Partei macht. Er wird die Autobahnbefürworter ebenso enttäuschen, wenn er weiter nicht erfüllbare Erwartungen weckt“, kritisiert Annette Niemann, Sprecherin des Dachverbandes der A 39-Gegner. Die Bürgerinitiativen gegen die geplante Autobahn halten die Wahlversprechen der Landes-SPD für unseriös und erachten den Bau der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg unter anderem wegen folgender Faktoren als sehr unwahrscheinlich:

1. Die Planungs- und Baukosten steigen stetig. Sie liegen bereits jetzt offiziell bei 1,1 Milliarden Euro. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) der A 39 sinkt im Gegenzug kontinuier-lich. Es wird derzeit von der Landesregierung mit nur noch 1,9 angegeben. Das rein wirt-schaftliche Aus für diese Autobahn ist also schon absehbar.
2. Der Bundesverkehrswegeplan in seiner jetzigen Form ist um ein Vielfaches überzeich-net und hat sich als Instrument für eine umfassende Mobilitätsplanung als unbrauchbar er-wiesen. Die zukünftige Bundesregierung wird sich einer Reform des Bundesverkehrswege-plans stellen müssen. In ihm wird kein Platz für eine A 39 sein.
3. Lediglich 137 Millionen Euro könnten mit Bauchschmerzen der Bundesregierung für den Ausbau der Lüneburger Ostumfahrung zur A 39 fließen. Das sind nur magere 12 Prozent der heute prognostizierten gesamten Baukosten. Für alles was darüber hinaus geht, hat Bundesverkehrsminister Ramsauer im Investitionsrahmenplan die Notbremse gezogen und zumindest für die nächsten fünf Jahre kein Geld bewilligt.

„Vor diesem Hintergrund betrachten wir die Bekenntnisse zur A 39 wie zur A 20 oder sogar zur bereits 2010 umdeklarierten A 22 als populistisches Wahlkampfgetöse“, resümiert Hans-Christian Friedrichs, weiterer Sprecher der Bürgerinitiativen gegen die A 39. „Es kommt hinzu, dass Herr Schostok gar nicht mehr zur Landtagswahl antreten wird, er möchte ja Oberbürgermeister in Hannover werden. Man fragt sich also, inwieweit Her Schostok für eine zukünftige niedersächsische SPD-Landtagsfraktion oder gar Landesregierung sprechen kann. Interessanter ist da schon die Rolle von Autobahnbefürworterin und SPD-Spitzenkandidatin Andrea Schröder-Ehlers. Wir haben uns immer gefragt, ob sie mit ihrem Sitz im Vorstand des Nordland-Autobahn-Vereins der IHK die Interessen der Stadt Lüneburg vertritt oder in der Politik die Lobbyinteressen der Asphalt-Wirtschaft. Wir werden daher derartige Verflechtungen weiter kritisch beobachten“, so Friedrichs weiter.

„Wenn Herr Schostok von industrieller Entwicklung nach nachhaltigen Kriterien spricht, ist er mit der A 39 auf einem ausgetretenen Pfad in eine verkehrspolitische Sackgasse. Der richtige Weg für Nordostniedersachsen wäre ein Engagement für bestehende landwirtschaftlichen Strukturen und die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Eine Transitautobahn 39 steht hingegen für Existenzgefährdung, Zerstörung von Kultur- und Naturlandschaft, Lärm und viel mehr Verkehr. Mit Nachhaltigkeit hat diese Straßen jedenfalls nichts zu tun“, fasst Annette Niemann zusammen. „Das hat vor allem die SPD in vielen Gemeinden vor Ort längst verstanden und stellt sich der A 39 mit zahlreichen Resolutionen und Ratsbeschlüssen in den den Weg. Mit dem starren Festhalten der Landes-SPD an der A 39 begibt sie sich in einen schwierigen Konflikt mit ihrer Basis, vor dem wir nur warnen können“, so Annette Niemann abschließend.

Der Dachverband der A 39-Gegner fordert die Landes-SPD auf, auf unseriöse Wahlversprechen zu verzichten, nicht länger an der überflüssigen und nicht finanzierbaren A 39 festzuhalten und sich für eine wirklich nachhaltige Verkehrspolitik für die Region einzusetzen. Quelle: Dachverband KEINE! A39

Im Stau auf der A 39

Seit einigen Wochen ist die Diskussion um das Autobahn-Projekt A39 wieder aufgeflammt.
Der große Streit entbrennt insbesondere bei der Frage : Ist die A 39 nun ein wichtiges Infrastrukturprojekt für die Region oder nicht? Von Autobahnbefürwortern wird aus Uelzener Sicht auch gern der Neid geschürt: „Die Lüneburger Autobahn-Kritiker haben gut reden, die haben ja schon eine Autobahn nach Hamburg.“ Bei der Präsentation der aktuellen Planungen durch die Straßenbaubehörde vor Kurzem in Lüneburg wurde vor allem eins deutlich: Es wird sich zwar Verkehr von der A 7 auf die A 39 verlagern, insgesamt gibt es aber wenig Bedarf für diese Autobahn. Und dabei sind in die Prognosezahlen weder die abnehmende Bevölkerung noch die steigenden Spritpreise eingerechnet. Dies wird auch belegt durch den neuen Wert des so genannten Nutzen-Kosten-Verhältnisses (NKV). Dieser beträgt nur noch 1,9. Vor vier Jahren wurde noch von 3,4 gesprochen. Und auch das war schon ein Grenzwert, bei dem sich die Frage stellt, ob man die Steuergelder nicht in sinnvollere Projekte stecken sollte. Bundesweit wäre die A 39 das Autobahn-Projekt mit dem schlechtesten NKV. Nun aber zur regionalen Sicht: In Lüneburg könnte die A 39 nur auf der je Richtung zweispurigen Ostumgehung verlaufen. Eine Verbreiterung der engen Kurvenradien ist topografisch nicht möglich, nicht mal ein durchgängiger Standstreifen wäre vorhanden. Die vielen Auffahrten in Lüneburg werden zu einer Verlangsamung des Verkehrs führen insbesondere zu Stoßzeiten. Jeder Autofahrer kennt die Situation: Man steht im Stau und wenn er sich auflöst, fragt man sich, was der Grund für den Stau war... Meist nur eine Fahrbahnverengung. So kann es auch Berufspendlern aus Uelzen in Richtung Hamburg ergehen. Dann werden sie nicht erst vor dem Elbtunnel, sondern schon in Lüneburg im Stau stehen... In diesem Sinne: Allzeit gute Fahrt!.

Miriam Staudte ist Abgeordnete der Grünen im Niedersächsischen Landtag in Hannover.

Quelle: Allgemeine Zeitung