Sonntag, 27. September 2015

Studium der Vekehrspolitik? Nur zu!

Interesse, das Thema Verkehrspolitik "von der Pieke auf" zu lernen? Auf zur Uni Lüneburg. Dort kann im Wintersemester gast-gehört werden.
Professor Dr. Peter Petz von der Lüneburger Leuphana-Universität bietet im Wintersemester 2015/16 Vorlesungen zum Thema "Mobilität, Verkehrspolitik und -planung" an, an denen auch als Gasthörer/-in teilgenommen werden kann.

Ziel der Veranstaltungsreihe ist das Erlangen der Befähigung zur Beurteilung verkehrspolitischer und verkehrsplanerischer Entwicklungen anhand von Verkehrsgeschichte, der Wechselwirkung von Raumstruktur und Verkehrerschließung und dem Wegebau als wirtschaftlicher Regionalförderung.

Auch ökologische Probleme, Strukturen und Entwicklungen im Güter- und Personenfernverkehr sowie der ÖPNV im ländlichen Raum sollen behandelt werden.

Die Vorlesungen finden zwischen dem 12. Oktober und dem 29. Januar jeweils freitags zwischen 8.15 und 11.45 Uhr statt. Vorlesungsort ist Raum 108 im Gebäude 12 des Uni-Campus, Scharnhorststraße 1 in Lüneburg. Quelle: Dachverband KEINE! A39

Der Sand und die schweigende Mehrheit

Aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums hat lediglich der erste Abschnitt der A39 bei Lüneburg für sich allein genommen einen wirtschaftlichen Nutzen. Alle weiteren Abschnitte müssen bei der Überprüfung für den Bundesverkehrswegeplan als Ganzes betrachtet werden. Ohnehin verzögert sich die A39 immer mehr. Möglicherweise bis Sankt Nimmerlein.
Mit viel Tamtam ist in den vergangenen Wochen für die geplante Autobahn 39 Lüneburg-Wolfsburg geworben worden. Hand in Hand haben die Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg und Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) Mitte August die Kampagne „Ohne A39 fehlt uns was“ angeschoben, Anfang September starteten dann die Werbespots „Unsere A39“ in den Kinos. Zudem führt ein Meinungsforschungsinstitut im Auftrag der IHK derzeit eine repräsentative Umfrage zum Thema Autobahn durch, Ergebnisse sollen in Kürze vorliegen. Und das alles, um die „schweigende Mehrheit für die A39“ zu mobilisieren. Das es sie gibt, davon sind die Autobahnbefürworter überzeugt.

Und auch die Landesregierung wird nicht müde, auf die „große wirtschaftliche und verkehrliche Wirkung“ der A39 zu verweisen. Zuletzt in der Antwort auf eine kleine Anfrage des grünen Landtagsabgeordneten Heiner Scholing aus Bienenbüttel. Doch die Antworten legen auch den Schluss nahe, dass Sand im Getriebe ist, die Planer mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen haben.

Noch Anfang des Jahres war Lies davon ausgegangen, dass Ende 2015 der Planfeststellungsbeschluss und damit die Baureife für den ersten, 7,7 Kilometer langen Abschnitt der A39 im Bereich Lüneburg vorliegt. Doch schon Anfang Juni wurde durch eine Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Dr. Julia Verlinden aus Lüneburg öffentlich, dass dieser Zeitplan nicht zu halten ist. Demnach erwartet das Bundesverkehrsministerium den Planfeststellungsbeschluss für Abschnitt 1 erst Ende 2016. Daraufhin wollte Scholing von der Landesregierung wissen, wie es denn um die Abschnitte 2 bis 6 der A39 bestellt sei.

Die Antwort lässt Kritiker Wasser auf die jüngsten Freudenfeuer der A-39-Befürworter gießen. Demnach wird mit einem Beginn der Planfeststellungsverfahren für die Abschnitte 2 (östlich Lüneburg-Bad Bevensen) und 6 (Wittingen-Ehra) erst in der zweiten Jahreshälfte 2016 gerechnet, die Abschnitte 4 (Uelzen-Bad Bodenteich) und 5 (Bad Bodenteich-Wittingen) sollen im Laufe des Jahres 2018 folgen, der Abschnitt 3 (Bad Bevensen-Uelzen) sogar erst in der zweiten Jahreshälfte 2019.

„Die Planung der Autobahn 39 bereitet den Verantwortlichen offenbar immer wieder neue Schwierigkeiten“, urteilt der Dachverband „Keine A39“ und mit Blick auf die Verzögerungen beim zweiten Abschnitt: „Es bestätigt sich erneut, dass die Trasse erhebliche Eingriffe in die Lebensqualität der Anwohner bedeuten und schützenswerte Naturräume zerstören würde.“

Zur Erinnerung: Optimisten in den Reihen der ehemaligen schwarz-gelben Landesregierung hatten sich schon für das Jahr 2013 zum ersten Spatenstich der A39 bei Lüneburg eingeladen. Begonnen wurde das Planfeststellungsverfahren für diesen Bereich im Mai 2012. Bis zum erwarteten Planfeststellungsbeschluss Ende 2016 werden nach aktuellem Stand viereinhalb Jahre vergangen sein. Und bis zu einem möglichen ersten Spatenstich dürften noch einmal etliche Monate hinzukommen: Klagen gegen den Beschluss sind programmiert.

Gleichzeitig muss die A39 in diesen Tagen eine weitere Hürde nehmen: Für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) werden alle Projekte, die für den sogenannten „Vordringlichen Bedarf“ angemeldet worden sind und deren Bau noch nicht begonnen hat, auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft. Mit einem bisher angenommenen Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von 1,9 wird die A39 kaum einen Spitzenplatz belegen. Die Ergebnisse der Überprüfung sollen im Laufe der kommenden Wochen vorliegen.

Möglicherweise hat Niedersachsens Wirtschaftsminister Lies bei der Präsentation der A-39-Kampagne in Lüneburg auch deshalb angekündigt, die Autobahn abschnittsweise für den BVWP anzumelden. Das Kalkül: Erhält ein Abschnitt höchste Priorität, wird auch der Rest gebaut. Diese Rechnung passt dem grünen Koalitionspartner in Hannover allerdings so gar nicht. Auf eine entsprechende Anfrage im Bundesverkehrsministerium gab Staatssekretär Enak Ferlemann jedoch eine aus Sicht der Grünen beruhigende Antwort: „Von den angemeldeten sieben Teilprojekten besitzt nach derzeitiger Kenntnis lediglich das Teilprojekt 1 einen eigenständigen Verkehrswert.“ Gemeint ist der 7,7 Kilometer lange Abschnitt bei Lüneburg. Und weiter: „Die übrigen Teilprojekte setzen die Realisierungsfähigkeit des Gesamtprojekts voraus.“ Im Klartext heißt das: Während der Bereich bei Lüneburg durchaus alleine bewertet werden kann, sind die anderen sechs Abschnitte als Ganzes einer „gesamtwirtschaftlichen Bewertung“ zu unterziehen. Das NKV wird dies jedoch kaum steigern. Quelle: Landeszeitung

Freitag, 4. September 2015

Straßenbau teurer als geplant

Wenn der Bund baut, wird es teuer. Dieses Fazit muss ziehen, wer sich die Straßenbauprojekte an Bundesautobahnen und Bundesstraßen in Niedersachsen und Bremen in den vergangenen fünf Jahren anschaut. Von 33 Bauprojekten kamen in dieser Zeit nur vier mit dem gesteckten Kostenziel aus. Dieses Ergebnis treibt den Bund der Steuerzahler auf die Barrikaden. „Hier wird viel Steuergeld verschwendet“, kritisiert der Landesvorsitzende Bernhard Zentgraf. Steuergeld, das bei der nötigen Sanierung zahlreicher Autobahnbrücken dringend benötigt wird.

Von den niedersachsenweit knapp 5400 Brücken gelten derzeit 182 als überholungsbedürftig. Das Bundesverkehrsministerium hat ein bundesweites „Sonderprogramm Brückenmodernisierung“ aufgelegt, das in den Jahren 2015 bis 2017 insgesamt 620 Millionen Euro bereithält. Der niedersächsische Anteil daran ist ungewiss. Derzeit sei mit der Brücke Celler Straße in Gifhorn lediglich ein niedersächsisches Bauwerk in das Programm aufgenommen, teilt das Landesverkehrsministerium mit. Die Arbeiten seien im Gang die Kosten würden auf zehn Millionen Euro veranschlagt. In dem Programm tauchen allerdings nur Baumaßnahmen ab einem Volumen von fünf Millionen Euro auf.

Was die überbordenden Kosten auf Bundesbaustellen angeht, hat die Ortsumgehung Barbis auf der B 243 im Südharz zwischen Bad Lauterberg und Bad Sachsa den Vogel abgeschossen. Als der Bund die zweispurige Straße 2005 plante, wurden für die 8,6 Kilometer inklusive eines Brückenbaus ursprünglich 40 Millionen Euro angesetzt. Bis zur Freigabe im September vergangenen Jahres zahlte der Auftraggeber dann volle 95,9 Millionen Euro – 140 Prozent mehr. Und das Hauptziel – eine Eckverbindung zwischen der A 7 bei Seesen und der A 38 bei Nordhausen in Thüringen zum besseren Anschluss des Südharzes ans Autobahnnetz – ist damit noch lange nicht erreicht. Um das Projekt angesichts der enormen Kosten überhaupt öffentlich vertreten zu können, hatte man die 28 Kilometer lange Strecke in vier Bauabschnitte unterteilt. Auch die Ausbaukosten für den Autobahnabschnitt zwischen der Ausfahrt Lohne / Dinklage und dem Autobahndreieck Ahlhorner Heide liefen völlig aus dem Ruder. Sie verdoppelten sich von 42,5 Millionen Euro auf 85,1 Millionen Euro. Der Ausbau des Autobahnkreuzes Hannover-Ost auf der A 7 verzeichnete Mehrkosten von 28,9 Millionen Euro. Die Kosten kletterten um 81 Prozent auf 64,3 Millionen Euro.

Während sich die Baukosten in vier Fällen verdoppelten, schossen sie bei 13 Projekten immerhin zwischen 40 und 82 Prozent in die Höhe. Es mangele zu häufig an wirksamer Kostenkontrolle, sorgfältiger Planung, gründlicher Bedarfsermittlung und durchgängigem Kostenbewusstsein, kritisiert der Bund der Steuerzahler, der eine Aufstellung der Bundesregierung ausgewertet hat. Daneben würden die Straßenbaubehörden aber auch wegen der langen Zeitspanne zwischen Planung und Realisierung von allgemeinen Baupreissteigerungen und geänderten technischen Richtlinien, etwa beim Lärmschutz, überrascht.

Ein auffälliger Kostentreiber sind besonders die Ortsumgehungen. Bei der Verkehrsberuhigung von Kirchweyhe, einem Stadtteil von Uelzen, fielen sie besonders üppig aus. Als die 2,1 Kilometer lange Verlegung der B 4 projektiert wurde, setzte die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr dafür 4,6 Millionen Euro an. Erst nach dem politischen Beschluss habe die reifliche „Inspektion“ der Trassenführung angesetzt, sagte Geschäftsbereichsleiter Dirk Möller bei der Einweihung im Mai 2014. Am Ende betrugen die Kosten stolze 11,2 Millionen Euro – 143 Prozent mehr. Zerknirschung war bei den Verantwortlichen am Eröffnungstag nicht erkennbar.

Offenbar hat das Prinzip „Günstig planen, teuer bauen“ durchaus System. Bei der Ortsumgehung Schortens (B 210) stiegen die Kosten um 97 Prozent auf 46,2 Millionen Euro, für die B 73 rund um Otterndorf um 82 Prozent auf 24,2 Millionen Euro, für die B 248 um Lüchow um 80 Prozent 17,8 Millionen Euro, für die B 1 bei Aerzen um 77 Prozent auf 14,9 Millionen Euro, für die B 72 rund um Norden um 76 Prozent auf 31,3 Millionen Euro und für die Ortsumgehung Eimbeckhausen (B 442) um 53 Prozent auf 13 Millionen Euro.

Insgesamt musste der Bund für seine 33 Straßenbau-Projekte in Niedersachsen und Bremen zwischen 2009 und 2014 volle 366,4 Millionen Euro mehr ausgeben als vorher geplant. Im Schnitt wurden sie rund 50 Prozent teurer. Dabei gibt es auch Fälle, die zeigen, dass es auch anders geht. Der Ausbau der A 39 zwischen dem Autobahndreieck Braunschweig Südwest und dem Autobahnkreuz Braunschweig Süd wurde ohne Mehrkosten fertiggestellt. Sogar 28 Prozent günstiger als erwartet wurde der Ausbau der B 3 zwischen Ehlershausen und Celle. Quelle: Weser Kurier


Kommentar der Redaktion:
Mit 2,2 Billionen Euro steht Deutschland bei anderen Staaten, den Banken und seinen Bürgern in der Kreide. 1556 Euro kommen ständig hinzu – jede Sekunde. Da fallen fast 400 Millionen Euro Mehrkosten für den Bundesstraßenbau allein in Niedersachsen und Bremen kaum ins Gewicht. Nur so ist zu erklären, weshalb es trotz dieser horrenden Zahl keinen Aufschrei in der Bevölkerung gibt. So wird die Kritik wohl auch dieses Mal wieder ohne Konsequenz verpuffen. Dabei wäre es dringend geboten, die Probleme strukturell anzugehen. Oft vergeht gerade im Straßenbau ein Jahrzehnt und mehr zwischen Planung und Umsetzung – mit entsprechenden saftigen Preissteigerungen. Oft wird schlampig oder – der Verdacht liegt nahe – bewusst unter Bedarf geplant, um Haushaltsansätze zu schonen und Projekte zu realisieren, die sonst kaum Chancen hätten. Der Bund muss sich endlich vom Selbstbedienungsladen zum schlanken Dienstleister mit maximaler Kostenkontrolle und -transparenz entwickeln. Denn am Ende landet die Rechnung nicht in Berlin: Sie landet – ob über Steuern, Abgaben oder Neuverschuldung – bei uns. Ein Kommentar von Martin Wein vom Weser Kurier.