Bemerkenswert, wie nah sich grüne Landespolitiker und Teile einer sonst eher konservativ gestimmten Landbevölkerung manchmal sind – die A 39 macht’s möglich.
Im Darrigsdorfer Dorfgemeinschaftshaus herrschte hinsichtlich der örtlichen Argumente gegen die Autobahn gestern große Einigkeit zwischen den Vertretern aus Darrigsdorf, Wollerstorf und Eutzen sowie den drei Mitgliedern der Grünen-Fraktion aus Hannover.
Dabei teilt nicht jeder in den Orten mit gleichem Nachdruck die Forderung der Grünen, die auch Uwe Bilau von der BI Isenhagener Land formulierte: „Aus unserer Sicht kann es nur darum gehen, die A 39 zu verhindern.“ Das gilt für manchen als unrealistisch, vielen geht es vor allem darum, das Beste aus der Situation zu machen. Dazu gehört für sie, den Rastplatz bei Wollerstorf zu verhindern, der nach Informationen von Darrigsdorfs Ortsvorsteher Holger Reiche der zweitgrößte der Bundesrepublik werden soll. Dazu gehört auch: kein weiteres Abrücken der Autobahntrasse vom Kanal, Minimierung des Flächenverbrauchs, Schutz vor Lärm. Der Darrigsdorfer Jörg Schulze verwies auch darauf, dass die Tank- und Rastanlage an einer Stelle geplant sei, die eigentlich einmal Wasserschutzgebiet werden solle. Bis zu 200 Hektar würden für die Landwirtschaft verloren gehen, in einem Gebiet mit bis zu 50 Bodenpunkten.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Enno Hagenah, sagte zu, die Kritikpunkte aufzugreifen und dazu Anfragen im Landtag zu stellen. Er betonte aber auch, dass der Ansatz der Grünen eine Null-Lösung sei: Der Nutzen sei nicht erkennbar, das Geld nicht da, vorhandene Mittel würden für die Unterhaltung des bestehenden Straßennetzes gebraucht und seien mit Investitionen in die Schiene besser angelegt.
Hagenah musste einräumen, dass den Grünen derzeit weitgehend die Hände gebunden seien: Ohne Mehrheit könne man nur „den Finger in die Wunde legen“, nach den Wahlen 2013 im Bund und im Land könne sich das womöglich ändern. Hinter den Kulissen wolle man solange vor allem mit dem finanziellen Argument Überzeugungsarbeit leisten: „Wir versuchen, bei CDU und SPD diejenigen zu erreichen, die noch rechnen können. Bei der FDP habe ich’s aufgegeben.“
Mehrere Bürger monierten eine ihrer Ansicht nach intransparente Informationspolitik der Planungsbehörden. So gab es Kritik daran, dass bei den Berechnungen der Schallemissionen mit Mittelwerten gerechnet werde – dass aber die Lärmspitzen die eigentliche Belastung ausmachen werden. Der Darrigsdorfer Uwe Bock berichtete, man habe im Ort einmal durchaus realistische 70 Dezibel simuliert. Das Ergebnis sei „erschreckend“ gewesen. Lärmschutz ist bislang nicht vorgesehen. Hagenah meinte, erfahrungsgemäß werde es wohl lediglich individuellen Lärmschutz für einzelne Häuser geben – Spezialfenster statt Lärmschutzwand also.
Der Wollerstorfer Achim Schulze sagte, durch die Autobahn und die Raststätte werde in seinem Ort die Lebensqualität zerstört. Wegziehen sei aber auch keine Option: „Man packt sein Leben nicht einfach in zwei Koffer.“ Wie Hagenah zog auch er den Nutzen der A 39 in Zweifel, da künftig der Treibstoff immer knapper und der Individualverkehr immer teurer werde.
In die Kritik gerät nun auch das Anschlussstellenkonzept für Wittingen: Der Eutzener Jörg Müller nannte es eine Verschwendung von Land und Steuergeldern, dass eine Kleinstadt wie Wittingen in nur zwei Kilometern Abstand zwei Abfahrten bekomme. Andere Eutzener Bürger monierten ebenfalls Flächenverbrauch, schwierigere Bewirtschaftung durch Zerschneidung und fehlenden Schallschutz. Die Grünen-Abgeordnete Ursula Helmhold mutmaßte, eine der beiden Abfahrten sei möglicherweise „ein Fall für den Bund der Steuerzahler“. Quelle: Isenhagener Kreisblatt