Die Tappenbecker ärgern sich: Die Trassenplanung für die A 39 bei Wittingen wird umgestoßen – wegen einer seltenen Libellenart.
„Das kann doch nicht sein“, kommentiert Tappenbecks Bürgermeister Niklas Herbermann die Nachricht von der Trassenverlegung aufgebracht. „Es ist, wie wir befürchtet haben: Man nimmt anscheinend mehr Rücksicht auf Libellen oder Hirschkäfer als auf die Menschen.“
Auf 1,5 bis 2 Millionen Euro beziffert Dirk Möller, Sprecher der Lüneburger Abteilung der Landesbehörde für Straßenbau, die Mehrkosten für die gestern bekannt gewordene Verschiebung der geplanten A39-Trasse bei Wollerstorf und Glüsingen. 100 Meter weiter östlich soll die Fahrbahn jetzt verlaufen – bei Kartierungen der Tierwelt war man auf eine streng geschützte Libellenart gestoßen: die Vogel-Azurjungfer.
Das wäre fast der Betrag, der den Tappenbecker fehlt, um ihr der A39-Fortführung zum Opfer fallendes Sportzentrum neu errichten zu können. Der Bund will nur den Zeitwert erstatten – zu wenig für einen Neubau.
Deutlich wird Reinhold Wrieske, Vorsitzender der Tappenbecker Kyffhäuser, die ihren Schießstand am Sportplatz haben: „Das ist schon erstaunlich. Hier macht man den Sport platt, dort investiert man Millionen für eine Libelle.“ Sportvereinvorsitzender Jens Melahn spricht von „einem gewissen Sarkasmus“, den die Nachricht auslöse.
Der Bürgermeister sagt: „Nicht, dass man mich falsch versteht – ich begrüße Naturschutzmaßnahmen“. Doch müsse auch das Schutzgut Mensch angemessene Berücksichtigung finden. Herbermann setzt nach: Auch eine Verlegung der Trasse vom Ortsrand um den Sportplatz herum sei von den Planern abgelehnt worden –aus Kostengründen. „Da fehlen doch die Relationen.“
Er gibt ein weiteres Beispiel: „Es kann nicht sein, dass überall Brücken für Tiere über Autobahnen gebaut werden, und wir um einen dringend benötigten kleinen Durchlass für Fußgänger und die vielen Fahrradfahrer in Richtung VW-Werk betteln mussten. Manchmal scheint der Mensch nur zweitrangig zu sein.“ Quelle: Braunschweiger Zeitung