Freitag, 13. September 2013

Noch nicht mal mehr eine Lüge ...


Nach Lektüre eines kürzlich in der Uelzener Allgemeinen Zeitung (AZ) erschienenen Beitrags fragt man sich, ob die Autorin, immerhin die kommissarische Chefredakteurin der AZ, ihren Text nach der Niederschrift noch mal gelesen hat, oder ob es ihr mittlerweile vollkommen wurscht ist, welch sinnfreien Schmarrn ihr Blatt verbreitet, solange der irgendwie pro A 39 ist.

In dem Artikel wird von einem Uelzener Ratsherren berichtet, der froh ist über den „Schulterschluss … zur dringenden Notwendigkeit zum Bau der A 39“. Was, bitte, soll das sein: ein Schulterschluss zu einer Notwendigkeit zum Bau von was auch immer? Haben Sie dergleichen im deutschen Sprachraum schon mal gesehen oder wenigstens davon gehört?
Herr Delekat warnt dann davor, lediglich ökonomische Erwägungen zur Grundlage einer Entscheidung über den Bau der A 39 zu machen, sondern zum Beispiel auch die enormen „städtebaulichen Möglichkeiten“ dieses Autobahnbaus mit zu bedenken; er resümiert: „Diese Chancen sind mit Zahlen kaum messbar.“ Sondern? Womit misst dieser Mann, wenn nicht mit Zahlen? Ich kann ja verstehen, dass er, der außer blauem Dunst nichts vorzubringen hat, es nicht mag, wenn jemand nach belastbaren Fakten als Grundlage eines solchen Bauvorhabens fragt oder beim gegebenen Stand der öffentlichen Kassen gern nachrechnet. Aber vielleicht hat Herrn Delekat beim Sinnieren über die städtebaulichen Möglichkeiten eines Autobahnbaus bloß Hoch- und Tiefbau nicht auseinanderhalten können.
Das vollkommen irre an Delekats Aussagen ist ja, dass sie meist nicht mal mehr als Lüge bezeichnet werden können. Lügen haben immer noch ein, wenn auch negatives, Verhältnis zur Realität. Die aber spielt bei Delekar gar keine Rolle mehr. Wer sagt, dass es "nachweislich große Wachstumsprognosen gibt", von denen die Region "profitieren" könne, bewegt sich außerhalb der Sphäre, in der noch widerlegt oder überhaupt sinnvoll argumentiert werden kann. Er plappert einfach nur sinnfreies Zeug vor sich hin. Denn natürlich gibt es "Wachstumsprognosen" im Zusammenhang von Autobahnbauten, sogar "nachweislich" (die IHK macht sowas dauernd), aber nichts und niemand kann von einer Prognose "profitieren" – nicht mal Herr Delekat. Die in diesem Zusammenhang einzig relevante Frage ist, ob nachgewiesen, nicht nur prognostiziert werden kann, dass der Bau einer Autobahn Wachstum schafft. Und an dieser Stelle muß Delekat dann doch ganz platt lügen: Er nennt die Behauptung, „eine Autobahn bringe keinen wirtschaftlichen Aufschwung“, „schlicht unbewiesen“. Nun, diese Behauptung ist unter Verkehrswissenschaftler seit 25 Jahren Konsens. Sie wird unentwegt bewiesen; es gibt aus diesem Zeitraum nicht eine einzige wissenschaftliche Untersuchung konkreter realisierter (!) Autobahnbauten, die zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre als: Es gibt keinen Ursache-Wirkung-Zusammenhang zwischen Autobahnbau und Wirtschaftswachstum in der Region, durch die die Autobahn führt.
Für die Skeptiker zum Nachprüfen: Im März dieses Jahres hat das verkehrswissenschaftliche Institut der Fachhochschule Erfurt unter Federführung von Prof. Gather eine umfangreiche „Analyse der regionalwirtschaftlichen Effekte ausgewählter Autobahnprojekte" (so der Titel der Studie) veröffentlicht. Darin werden die tatsächlichen Effekte von Autobahnneubauten der neueren Zeit untersucht und die Ergebnisse mit den Prognosen der Planer verglichen. Untersucht wurden A 20, A 28, A 31, A 38, A 71, A 73. Fazit: Ein positiver Zusammenhang von Autobahnneubau und Wirtschaftswachstum lässt sich nicht nachweisen; die prognostizierten und die tatsächlich erreichten Werte (Nutzerzahlen und Kosten) klaffen, mit einer Ausnahme, weit auseinander – die Nutzerzahlen liegen in der Regel weit unterhalb der Prognosen (-8 bis -61%), die Kosten weit darüber (+36 bis +163%). Entsprechend beträgt das tatsächliche Nutzen-Kosten-Verhältnis zum Teil nur ein Drittel beziehungsweise ein Viertel des zuvor prognostizierten Wertes. Kein Wunder also, dass Delekat vom Nutzen-Kosten-Verhältnis, von konkreten Zahlen und überhaupt von jeder Form des rationalen Kalkulierens gern absehen möchte. Er hält sich lieber an seiner Glaskugel fest, die er vorsichtshalber, damit man sie bei ihm erst gar nicht sucht, der Gegenseite untergeschoben hat, und träumt von „großen Wachstumsprognosen“. Quelle: BI Hohnstorf