Donnerstag, 13. Januar 2011

Ewiger Singsang

Martin Werner aus Hamburg schreibt in der Allgemeinen Zeitung zur A 39-Raststätte bei Wollerstorf.

Nachdem Eutzen sich erfolgreich wehren konnte, wird nun mit den maßgeblichen Kriterien für die Eignung einer Rastanlage planerisch festgelegt, dass das kleine Rundlingsdorf Wollerstorf vollends geopfert werden könne. Denn direkt am Elbe-Seiten-Kanal und in der Kurve der A 39 sind die sieben Höfe sowieso schon mehr oder weniger abgeschrieben. Eines der wenigen Rundplatzdörfer, das in seiner Struktur seit dem 11. Jahrhundert absolut identisch blieb, wird somit komplett verschluckt durch zwei Seiten Autobahn und ein 24 Hektar großes Areal, auf dem 250 Lkw und zirka 100 weitere Kfz abgestellt werden. Ach ja, Menschen gibt es dort auch noch, aber nicht so viele. Die 25 Dorfbewohner können sich ja einen anderen Ort suchen, wenn in ein paar Jahren ihr Lebensraum im Lärm und Dreck erstickt. Es gibt ja verschiedene Modelle für solch eine Umsiedlung, wie z. B. in Altenwerder beim Bau des Containerterminals oder in Holz im rheinischen Braunkohletagebau Garzweiler. Hier wurde sogar der alte Dorfgasthof in das neue Dorf Neu-Holz mitgenommen.
Bei Kosten von rund 6 000 000 Euro pro Kilometer A 39 sollte der Umzug eines so kleinen Dorfes wie Wollerstorf kein großes Hindernis darstellen. Nur steht im Planfeststellungsverfahren noch kein Wort darüber, was mit den Menschen geschieht, die von der Autobahn keine wirtschaftliche Vorteile haben, sondern deren Gesundheit gefährdet wird und deren Leben sich nur negativ durch den Bau verändert.
Bestimmt möchte sich auch die Stadt Wittingen diese Einkommensquelle nicht entgehen lassen und plädiert für eine solche Rastanlage im Stadtgebiet. Man kann sich schon vorstellen, wie sich Lokalpolitiker damit rühmen, die regionale Wirtschaft zu stützen, mindestens 100 „hochqualifizierte“ Arbeitsplätze zu schaffen, das Steuersäckel zu füllen und die Landflucht damit ein für allemal gestoppt zu haben. Mit der A 39 wird alles besser, wo es uns doch so schlecht geht, hier in der strukturarmen Region Südheide.
„Die autobahnärmste Region Deutschlands, das kann so nicht weitergehen!“, höre ich noch die Stimmen vor der Trassenplanung und auch jetzt immer wieder, wie ein ewiger Singsang, der einem die Hoffnung nicht nimmt, dass in Zukunft alles besser werden wird. Quelle: Leserbrief von Martin Werner in der AZ