Was viele befürchtet hatten, lässt sich jetzt in Dokumenten und auf Karten genau studieren: Der Abschnitt 7 der geplanten Autobahn A 39 zerschneidet nicht nur den Raum zwischen Wolfsburg und Ehra. Sondern er bringt für Mensch und Natur weitergehende unzumutbare Belastungen. Der Dachverband „Keine A 39“ sieht sich nach den beiden Informationsveranstaltungen zum Planfeststellungsverfahren des Abschnitts 7 in Weyhausen und Lessien in seiner grundsätzlichen Ablehnung der Autobahn bestätigt.
Bei der Präsentation der Pläne durch die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr Wolfenbüttel spielten die Belange der Betroffenen und die Folgen für die Umwelt so gut wie keine Rolle. Mit Entsetzen nahmen zahlreiche Anwohner zur Kenntnis, dass aus Kostengründen sogar ein sinnvoller Lärmschutz unterbleibt. So bekommt Lessien weder eine Lärmschutzmauer noch Flüsterasphalt. Die Anwohner, die im Schallbereich der A 39 leben müssten, hätten nur ein Anrecht auf schallisolierte Fenster und Belüftungsanlagen, so Michael Peuke von der Planungsbehörde.
Hart träfe es auch die Ortschaft Tappenbeck. Die A 39 verläuft nach den Plänen der Straßenbaubehörde in nur 100 Metern Abstand zur Wohnbebauung. Der Straßendamm und die Lärmschutzanlagen würden den Ort mit einer bis zu 11 Meter hohen Mauer nach Osten abschließen. Auch der Sportplatz würde der Autobahn zum Opfer fallen. Auf Nachfrage bestätigte Behördenleiter Bernd Mühlnickel, dass es nach jetzigem Stand für Tappenbeck keine ausreichende Entschädigung geben werde, um neue Sportanlagen zu errichten.
Angesichts der zahlreichen Menschen, die so viel zu verlieren haben, ist es nicht nachzuvollziehen, mit welcher Überheblichkeit der Behördenvertreter im Zuge der Präsentation auch eine mögliche Alternative zur Autobahn vom Tisch wischte. Der alternative Ausbau der B4 mit Ortsumgehungen, den die niedersächsische Landesregierung beim Bundesverkehrsministerium angemeldet hat, ist ihm keine Debatte wert.
Käme die Autobahn, würde die Landschaft der Region ihren Charakter einbüßen. Pferdebesitzer werden ihre Wiesen verlieren. Landwirte müssen mit Enteignungen rechen. Verblüfft stellte ein Landwirt bei der Veranstaltung in Weyhausen fest, dass die Planungsunterlagen Ausgleichsflächen auf seinem Grund- und Boden vorsehen, den er dann nicht mehr bewirtschaften könnte. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, dass sich die Anwohner nun die Pläne genau ansehen. So fehlt etwa ein gesamtes Wohngebiet in Tappenbeck in den Unterlagen; es wurde, wie auf Nachfrage zugegeben wurde, schlicht vergessen.
Vom 23. Oktober bis 5. Dezember liegen die Pläne in den Samtgemeinden Brome, Boldecker Land, Wesendorf, der Stadt Wolfsburg und der Gemeinde Sassendorf aus. Jeder Bürger kann und sollte seine Einwendungen gegen die geplante Autobahn zu Papier bringen. Der Dachverband „Keine A 39“ und die örtlichen Bürgerinitiativen unterstützen die Betroffenen bei der Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen, der Schutz- und Klagefonds lotet mit dem erfahrenen Anwalt Nebelsieck die juristischen Möglichkeiten aus. Wichtig ist, dass sich möglichst viele Bürger für ihre Interessen einsetzen und Einwendungen schreiben. Einwendungen die jetzt nicht fristgerecht erhoben werden, werden später nicht berücksichtigt, auch dann nicht, wenn die Autobahnpläne vor Gericht stehen.
Dieser Aufwand hätte den Bürgern leicht erspart werden können. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die Autobahn je gebaut werden wird. Die Bundesregierung arbeitet an einem neuen Bundesverkehrswegplan. Dafür hat sie das Motto „Erhalt vor Neubau“ ausgegeben; sie setzt zudem auf eine strikte Kostenorientierung. Die A 39 mit einem Kosten-Nutzen-Verhältnis, das zu den schlechtesten aller Neubauprojekte zählt, hat da kaum eine Chance. Der Dachverband „Keine A 39“ fordert daher erneut, die Planung dieser Autobahn so lange auszusetzen, bis der alternative Ausbau der B 4 geprüft und der neue Verkehrswegeplan erstellt wurde.
Als perspektivlose Fortsetzung der Planung eines „Nonsens-Projekts“ bezeichnet auch der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens nun auch für den südlichen Abschnitt (zwischen Wolfsburg und Ehra) der geplanten Autobahn A 39. „Es gibt ja immer noch mehr Anhaltspunkte und Argumente dafür, dass die nicht finanzierbare A 39 mit ihrem schlechten Nutzen-Kosten-Verhältnis niemals gebaut wird“, so LBU-Regionalvertreter Eckehard Niemann, „trotzdem wollen entscheidungsscheue Politiker die teure und unsinnige Schubladen-Planung aller 7 Abschnitte der A 39 wohl doch noch bis zum Ende durchziehen.“
Die Gegner der A 39 hätten im - bereits laufenden - Planfeststellungsverfahren für den nördlichen A 39-Abschnitt (Lüneburg) bereits vor einem Jahr zahlreiche „K.O.-Einwände“ eingebracht, die spätestens bei einer Klage parallel auch für alle anderen Planungsabschnitte gelten würden und somit die A 39 insgesamt zu Fall bringen würden. Im nun beginnenden Planfeststellungsverfahren für den südlichen Abschnitt würden noch viele zusätzliche Einwendungen der Gemeinden und der auch dort sehr starken Bürgerbewegungen gegen die A 39 hinzukommen.
Quelle: Dachverband KEINE A39 und LBU