Paradoxe Situation im niedersächsischen Landtag: Die Regierungsparteien SPD und Grüne haben am Donnerstag einen Vorstoß der Oppositionsparteien zum Weiterbau der Autobahn 39 abgelehnt, obwohl der entsprechende Antrag ausschließlich aus befürwortenden Zitaten von Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister (beide SPD) bestand.
Dass der Bau der A 39 zwischen Hamburg und Lüneburg der Region genützt hat, ist unstrittig. Jetzt geht es um den Weiterbau Richtung Wolfsburg mit Umfahrung von Lüneburg. Die Wirtschaft fordert das Projekt seit Jahren vehement, aber im Koalitionsvertrag haben sich SPD und Grüne vor Jahresfrist bei Regierungsübernahme auf einen Formelkompromiss geeinigt, der die Weiterplanung nur mit reduzierten Mitteln vorsieht sowie die Prüfung, stattdessen bestehende Straßen auszubauen.
"Das ist ein plumper Kleiner-Jungen-Streich", sagte die Grünen-Abgeordnete Susanne Menge zu dem Antrag. Für ihre Partei gehe der Erhalt der Straßen vor Neubau. Der FDP-Abgeordnete Jörg Bode warb für den Antrag und sagte zur Ablehnung durch die Ein-Stimmen-Mehrheit von SPD und Grünen: "In der Infrastrukturpolitik verläuft ein tiefer Riss durch die Regierungsfraktionen". Sein Fraktionskollege Björn Försterling erinnerte daran, Regierungschef Weil habe sich in Braunschweig für sein Bekenntnis zur A 39 feiern lasse, schweige aber im Parlament: "Das ist feige". Wirtschaftsminister Olaf Lies verwies auf die knappen Mittel des Bundes für den Autobahnneubau, nannte die Debatte wie in einem "Kindergarten" und versicherte, die Landesregierung warte die Wirtschaftlichkeitsberechnungen für den Weiterbau ab.
Der Lückenschluss von Lüneburg nach Wolfsburg hätte ein Länge von rund 105 Kilometern und würde etwa 1,1 Milliarden Euro kosten.
Der rot-grüne Formelkompromiss gilt auch für das zweite große Straßenbauprojekt in Niedersachsen, die Küstenautobahn mit Elbquerung. Auch hier gibt es enge Verbindung zwischen Grünen und örtlichen Bürgerinitiativen, die gegen das Projekt sind. Quelle: Die Welt