Die Straßenbaubehörde plant die A 39 heimlich als sechsspurige Autobahn durch Lüneburg. Doch das ist ein grundsätzlich unzulässiges Vorgehen. Und der erste Erörterungstermin hat noch weitere Unzulänglichkeiten der Planung offenbart.
Bereits am ersten Tag der zunächst auf drei Tage angesetzten Erörterung zum 1. Bauabschnitt der geplanten A 39 (Stadtgebiet Lüneburg) platzte eine Bombe: Auf Nachfrage des Rechtsbeistands des Dachverbands „Keine A 39“, Rüdiger Nebelsieck, musste die Straßenbaubehörde einräumen, dass sie die offiziell vierspurige Autobahn auf einer Trasse plant, die so breit ist, dass sie unschwer auch eine sechsspurige Straße aufnehmen kann. Und das, obwohl die den Planungen zugrunde gelegten Prognosen für das Jahr 2025 Verkehre vorhersagen, für die eine vierspurige Autobahn völlig ausreichend wäre, und weitergehende Prognosen nach Auskunft der Straßenplaner seriös nicht gemacht werden können. Damit wird die A 39 im Lüneburger Stadtgebiet mit Steuermitteln entgegen den Planungsvorgaben gewissermaßen auf Vorrat dimensioniert. Durchsichtiger Zweck dieses Plans: Sollte infolge des zusätzlichen, durch den Autobahnbau nach Lüneburg gezogenen Verkehrs eine solche Erweiterung nötig werden, wollen die Planer sie realisieren können, ohne ein erneutes Planfeststellungsverfahren durchführen zu müssen, das heißt auch: ohne etwa die für eine vierspurige Straße vorgesehenen Lärm- und sonstigen Emissionsschutzmaßnahmen nachbessern zu müssen – ein grundsätzlich unzulässiges Vorhaben, das die Straßenplaner offensichtlich hinter dem Rücken der BürgerInnen durchziehen wollen.
Und das war nur einer der zahlreichen unauflöslichen Widersprüche, in die die Straßenbaubehörde sich bereits am ersten Tag der Erörterung in der Lüneburger Ritterakademie verstrickte. Hinzu kam eine Vielzahl an deutlich werdenden planerischen Defiziten, die nur benannt, aber nicht ausgeräumt werden konnten. Zwei Beispiele: Die niedersächsische Straßenbaubehörde arbeitet, anders als Straßenbaubehörden anderer Bundesländer, immer noch mit längst veralteten Verkehrszahlen und –prognosen auf der Basis einer Zählung des Jahres 2005, obwohl neuere Zahlen aus dem Jahr 2010 längst vorliegen. Und sie hat im Laufe des letzten Jahres Ergänzungsgutachten etwa zum Lärmschutz erstellen lassen, die sie den übrigen Verfahrensbeteiligten vorenthält.
Der Dachverband „Keine A 39“ stellt daher fest: Die niedersächsische Straßenbaubehörde hat an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Argumenten der von ihren Planungen betroffenen Bürger und den Gegnern der Autobahn kein Interesse. Für den Dachverband war das keine Überraschung. Denn die Bürgerinitiativen und einzelnen Betroffenen haben bereits im Sommer 2012 mehr als 1600 Einwendungen gesammelt und der Behörde vorgelegt. Diese fanden in den schriftlichen Antworten der Planungsbehörde keine inhaltliche Berücksichtigung. Weder gibt es eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem miserablen Nutzen-Kosten-Verhältnis der geplanten Autobahn, noch wird eine realistische Alternativenprüfung vorgenommen; auch fehlt grundsätzlich die Auseinandersetzung mit Problemen, die den Bau dieser Autobahn insgesamt verhindern könnten.
Die Gegner dieses Autobahnprojekts werden das nicht hinnehmen. Rechtsanwalt Rüdiger Nebelsieck, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Hamburg, der erst vor wenigen Wochen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Auftrag von Naturschutzverbänden einen Baustopp für einen Abschnitt der A 20 in Schleswig-Holstein erreicht hat, wird sie in ihren Bemühungen dabei beraten und juristisch auch vor Gericht vertreten.
Der Dachverband „Keine A 39" ist sich sicher, dass die Planung für die A 39 mangelhaft ist. „Man darf gespannt sein, ob die Bundesregierung einen Planfeststellungsbeschluss mit derart falschen Annahmen und lückenhaften Begründungen akzeptiert oder das ganze Projekt doch noch auf Eis legt, weil sich beim gegenwärtigen Zustand der Planungen diverse Möglichkeiten zur Klage für die Gegner auftun", so Annette Niemann, Sprecherin des Dachverbands von 37 Bürgerinitiativen und des Schutz- und Klagefonds der unmittelbar Betroffenen. Quelle: Dachverband KEINE! A39