Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit nehmen die Straßenbauverwaltungen der Länder derzeit zentrale Weichenstellungen in der Verkehrspolitik vor. Bis September dieses Jahres müssen sie ihre Fernstraßenvorhaben für den nächsten Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2015-2030 anmelden, die dann künftig aus dem Bundeshaushalt finanziert werden sollen. Doch es gibt mehr Wünsche als Geld. Der BVWP entscheidet wesentlich über die künftige Rolle der Verkehrsträger und prägt das Mobilitätsleitbild der deutschen Verkehrspolitik und Verkehrsplanung. Erstmals sollen die Bürger an diesen Infrastrukturplanungen beteiligt werden. Und Bundesverkehrsminister Ramsauer gibt den Ländern klare Ziele und Prioritäten vor, die er gegenüber diesen auch durchsetzen will. Der Umweltverband BUND hat erstmals in einer eigenen Studie die vorliegenden Anmeldelisten von 13 Ländern untersucht und vergleichend nach sechs Kriterien – drei formalen und drei inhaltlichen Aspekten – bewertet, die für eine nachhaltige Verkehrsplanung für den BUND von zentraler Bedeutung sind: Gesamtnetzplanung, Bürgerbeteiligung, Finanzierbarkeit, Natur- und Landschaftsschutz, Verkehrssicherheit und Entlastung von Ortskernen von Verkehr und Lärm Diese sind auch die Vorgaben Ramsauers im Rahmen der Grundkonzeption des BVWP 2015. Das Ergebnis: Fast alle Bundesländer sind nicht gewillt, ihre Verkehrsinfrastruktur transparent, finanzierbar und umweltschonend zu planen. Die 13 vom BUND untersuchten Länder wollen den Neu- und Ausbau von insgesamt 1600 Bundesfernstraßen und Ortsumgehungen beim Bundesverkehrsministerium anmelden, und damit zehnmal mehr, als tatsächlich realisierbar sind. Fast alle Bundesländer haben bei der Auswahl ihrer Projekte Bürger viel zu wenig bis gar nicht beteiligt, Umweltaspekte, Verkehrsreduzierung und Lärmminderung wurden ignoriert und verträglichere Alternativen zu ihren Bauvorhaben außer Acht gelassen. Dadurch entstehen lange und unfinanzierbare Straßenbau-Wunschlisten, die auf Abfragen bei den Verwaltungen, Bürgermeistern, Land- oder Regionalräten zurückgehen. Spitzenreiter der „Wunschlisten-Produzierer“ ist Bayern mit rund 400 Straßenbauprojekten und einem Finanzvolumen von 17 Milliarden Euro. Bei den derzeitigen Mitteln für Aus- und Neubau würde die Umsetzung dieses Programms nicht wie geplant 15 sondern 160 Jahre dauern. Selbst in Baden-Württemberg, das im Vergleich zu den anderen Ländern etwas besser abschneidet, würde die Umsetzung der gegenüber dem letzten BVWP 2003 abgespeckten Straßenbauliste 90 Jahre dauern. Kein einziges der Bundesländer hat ein finanzierbares Konzept vorgelegt. Der BUND fordert darum alle Bundesländer auf, ihre Anmeldelisten zurückzuziehen und nach den vom Bundesverkehrsministerium vorgegebenen Kriterien neue Listen zu erarbeiten. Dafür ist eine Verlängerung der Anmeldefristen bis mindestens zum Jahresende zwingend. Auch das Bundesverkehrsministerium ist gefragt: Minister Ramsauer muss klarere Vorgaben zum finanziellen Rahmen, zur Bürgerbeteiligung und zur Alternativenprüfung auf Länderebene machen. Die BUND-eigene Studie, so der Umweltverband, könne dazu als Leitfaden dienen. Quelle: BUND |
Weitere Informationen: BUND-Studie.pdf |