Denn Deutschland ringt nach Atem: Es fehlt Geld für die Ausstattung von Kindergärten, Schulen und Universitäten, für die Einstellung von ErzieherInnen und LehrerInnen. Kulturellen Einrichtungen oder Sportvereinen, Umweltverbänden oder sozialen Initiativen zum Schutz misshandelter Frauen und Kinder werden öffentliche Mittel ganz oder großteils gestrichen.
Und gleichzeitig wird eine Autobahn geplant, die wenigen nutzt und vielen schadet. Eine Autobahn, die mit einer Länge von 80 Kilometern und Kosten in Höhe von 440 Mio. Euro seit Juni 2004 in den Bundesverkehrswegeplan eingestellt ist, im vordringlichen Bedarf. Auf diesen Zahlen basiert der magere Nutzen-Kosten-Faktor von 3,4. Und selbst diese Zahlen sind geschönt durch die zweifelhafte Koppelung der beiden Projekte A 14 und A 39.
Tatsächlich ist die Autobahn nach Auskunft der beteiligten Planer 101 Kilometer lang. Jeder Kilometer kostet heute über 7 Mio. Euro. Bereits nach heutiger Kalkulation würde die A 39 also über 700 Millionen Euro (Stand 2019: 1,3 Millarden) kosten. Doch gebaut wird sie frühestens zum Ende dieses Jahrzehnts – begleitet von weiteren inflationsbedingten Preissteigerungen. Wer heute von Gesamtkosten von 900 Mio. bis 1 Mrd. Euro spricht, rechnet realistisch. Damit verschlechtert sich die Nutzen-Kosten-Rechnung erheblich – zumal die notwendige Anpassung des angebundenen Verkehrsnetzes nicht in der Kalkulation enthalten ist.
Sind die weiteren Projekte im Bundesverkehrswegeplan ähnlich seriös kalkuliert wie die A 39, ist er nicht – wie bereits heute – zu 30 Prozent unterfinanziert, sondern zu 70 Prozent. Die Bürger werden mit solch unseriösen Zahlenmanipulationen über die tatsächlich zu erwartenden Belastungen getäuscht. Die Aufforderung an die Wirtschaft, sich mit Mitteln zu beteiligen, wird ungehört verhallen. Unternehmer und Manager investieren zu Recht nur in Projekte, die eine Rendite erwarten lassen.
Wir alle tragen mit unseren Steuern gerne zur Finanzierung einer am Gemeinwohl orientierten Infrastruktur bei. Es ist hingegen ein Skandal, wenn die knappen öffentlichen Ressourcen in Klientelprojekte wie die A 39 fließen (s. „Lobbyismus").
Als Anfang 2003 besorgte Bürger in Lüneburg Informationen zu Verlauf und Umfang des Projektes in ihrer Nachbarschaft verbreiteten, versuchte die örtliche Politik und Verwaltung dieses Engagement umgehend mit dem Vorwurf der „Panikmache“zu ersticken. Sonntagsreden über neue Arbeitsplätze sollen verbergen, dass es weder ein Verkehrskonzept für die Region noch eine schlüssige Argumentation für die A 39 gibt: faktenfreie Politik als Basis und Wegbereiter für die Nonsensautobahn.